Aus im Pokal nach dramatischem Spielverlauf im Lokalderby

Viele Wuppertaler Schachfreunde hatten dem Pokalderby zwischen der Ersten der Elberfelder Schachgesellschaft 1851 und der „Ersten“ des Lokalrivalen BSW Wuppertal entgegengefiebert. Verständlich, saßen sich doch, die neben dem frischgebackenen Fünften des Europapokals, dem Bundesligisten SG Solingen, stärksten Bergischen Schachvereine in der zweiten Runde an den Brettern gegenüber. Grund genug für die Westdeutsche Zeitung, sich gleich mit Reporter und Fotograf anzukündigen.
Die Frage war nun: Wie werden die Aufstellungen der Teams sein? Wer sitzt wem am Brett gegenüber? Bei nomineller Bestbesetzung beider Clubs war ein Favorit vor dem Kampf nicht auszumachen. Aber es kam anders als vorher erwartet: Die „Bahner“ boten zu Hause mit den beiden Internationalen Meistern (Abkürzung IM) Vyacheslav Savchenko und Boris Khanukov sowie FIDE-Meister Roman Bashilin und Aleksij Savchenko ihre „Crème de la Crème“ auf. Topscorer wie Rene Tückmantel und Thorsten Werbeck wurden zu anwesenden Zuschauern. Wir dagegen mussten mit Helge Hinze und Frank Noetzel gleich auf zwei unserer FIDE-Meister verzichten. Grund waren schon lange zuvor gebuchte Kurzurlaube. Und es kam noch härter für uns: ein sonst sehr zuverlässiger Schachspieler hatte als „Ersatz“ zugesagt, fehlte aber unverhofft in der katholischen Kirchengemeinde St. Marien bei Kampfbeginn. Aus dem erwarteten Kampf auf Augenhöhe war „David gegen Goliath“ geworden und die BSW führte von Beginn an unerwartet schon mit 1:0. Schwerer Stand von Start an für „unser Trio“. Die Hoffnung auf ein Weiterkommen nur noch verschwindend gering. Aber der Pokal hat ja bekanntlich seine eigenen Gesetze. Reiner Odendahl, hatte am Spitzenbrett gegen IM Vyacheslav Savchenko den Anzugsvorteil mit den weißen Steinen, während es Heiko Kesseler am zweiten Brett als „Schwarzer“ mit Boris Khanukov, dem zweiten „IM“ der BSW zu tun hatte. Ronny Müller, unser 2. Spielleiter, spielte am Brett vier mit „Weiß“ gegen FIDE-Meister Roman Bashilin.
Insbesondere auf Reiner Odendahl, der kürzlich erst den früheren deutschen Meister und Großmeister Eckerhard Schmittdiel mit Schwarz bezwungen hatte, ruhte ein großer Teil unserer verbliebenen Hoffnungen. Für den Gewinn und den Ausgleichstreffer riskierte „unser Bester“ dann auch wieder mal alles. Leider wurde seine vorbildliche kämpferische Leistung diesmal nicht belohnt. Mannschaftsdienlich hatte er alle „Brücken zum Remis“ für einen eventuellen Sieg abgeschnitten, am Ende aber die Waffen strecken müssen. Mit etwas Glück hätte unerwartet sogar ein Unentschieden von Reiner vielleicht zum Weiterkommen geführt. Weil im Match „Taktik- gegen Positionsspiel“ stand Heiko Kesseler gegen den routinierten Khanukov kurz vor dem Einzelsieg. Mit dem letzten Zug vor der Zeitkontrolle machte er jedoch den entscheidenden Fehler im Turmendspiel und „verdarb“ damit die Partie zum Remis. Einen weiteren halben Zähler steuerte nach fast sechs stündiger Spielzeit der lange Zeit eher skeptisch dreinblickende Ronny Müller bei. Sein nominell mit über 400 Wertungspunkten mehr ausgestatteten Gegner, FIDE-Meister Bashilin schaffte es im Springerendspiel mit Mehrbauer nicht, unseren aufopferungsvoll kämpfenden Ronny zu bezwingen. Somit stand der Endstand von 1:3 fest. Gratulation an das BSW-Team, deren Sieg alles in allem nicht unverdient war. Und viel Glück im weiteren Verlauf des Wettbewerbs.
Die von verschiedenen Seiten aufgekommene Kritik, dass die zwei Spitzenteams in zwei aufeinanderfolgenden Jahren im frühen Verlauf des Wettbewerbs schon aufeinander getroffen sind, hat bereits Wirkung bei den Verantwortlichen im Schachbezirk Bergisch-Land gezeigt. Man denkt nun offen darüber nach, den Austragungs- und Auslosungsmodus ein wenig zu modifizieren. Ein richtiger Schritt in die richtige Richtung …
[HK]